Roman, Frankfurter Societätsdruckerei, 1928
Wie erfolgreich hat sich Renns Roman verkauft? Warum tue mich so schwer damit, das Buch als Antikriegsroman zu bezeichnen? Was ist meine Hauptkritk an „Krieg“?
Nachdem Ludwig Renn lange Jahre vergeblich nach einem Verlag für die Veröffentlichung seines Manuskripts gesucht hat, erscheint Krieg 1928 bei der Frankfurter Societäts-Druckerei und wird in vielen Quellen als der erfolgreichste Antikriegsroman neben Erich Maria Remarques Im Westen nichts Neues geführt. Der Erfolg ist tatsächlich beachtlich: Bis Ende 1929 verkaufen sich 100.000 Exemplare, bis 1933 sogar 155.000 Exemplare. Mit dem Begriff „Antikriegsroman“ allerdings tue ich mich, in Abstrichen den Schluss ausgenommen, sehr schwer.
In seinem autobiografischen Werk – Grundlagen des Romans sind persönliche Aufzeichnungen – zeichnet Renn seine Erlebnisse während des Ersten Weltkriegs aus Sicht des Gefreiten Ludwig Renn (dessen Namen sich der Autor, als Arnold Vieth von Golßenau geboren, bei Erscheinen des Buches zulegte) nach. Das Geschehen spannt sich zeitlich vom siegesgewissen Vormarsch der deutschen Truppen
(„… Langsam rollte der Zug heran. Es waren Güterwagen, an deren Schiebetüren Birkenäste steckten. Für die Offiziere war ein Wagen dritter Klasse. An die Wagenwände waren mit Kreide Inschriften und Bilder gemalt, kleine Männer mit großen Köpfen und Franzosenkäppis darauf. Ungewöhnlich günstiges Angebot!!! Freie Fahrt! Einziges Risiko ein paar Schüsse! Dafür direkt nach Paris!“)
bis hin zur Auflösung der alten Ordnung
(„…“Da mache ich nicht mehr mit, Herr Leutnant!“ …“Warum geht`s nicht weiter? Wir wollen ins Quartier!“ Der Leutnant Schubring stand stocksteif da und sah auf die vorbeiratternden Wagen. „Wir können auch ohne Führer auskommen! “…“Wir warteten. Sogar der beliebte Hanfstengel wurde von seinen Leuten angepöbelt.“).
Renn schildert seine Kriegserlebnisse tagebuchartig, sprachlich einfach, ja schon monoton, und vollkommen unreflektiert (das ist auch der Grund dafür, dass ich diesen Roman, anders als Remarques Im Westen nichts Neues und Edlef Köppens Heeresbericht, nicht als Antikriegsbuch sehe). Aber gerade diese rhetorische Schlichtheit bringt dem Leser das Grauen des Krieges erregend nahe.
Renn zeigt ein Leben unter extrem menschenfeindlichen Bedingungen auf. Dabei beschränkt er sich konsequent darauf, den Krieg aus seiner Sichtweise heraus zu schildern, und verzichtet bewusst auf die Darstellung übergreifender Zusammenhänge, wie wir sie beispielsweise im Heeresbericht in Form von einmontierten Originaldokumenten (Zitate des Kaisers, Zeitungsberichte usw.) finden. Man kann sagen, der Frontsoldat Renn blickt nicht über sein Schützenloch hinaus.
Dennoch ein bewegendes Zeitdokument.