Skizze, aus dem „Prager Tagblatt“ vom 20. Mai 1928
Seit hundert Jahren gehe ich nun schon durch diese Straßen (vielleicht sind es nur zehn, es könnten aber auch tausend sein) und sehe, wie man das Pflaster aufreißt und wieder zumacht, wie man Häuser einreißt und neue aufbaut – sehe, wie die Leute in der Straßenbahn mürrisch und traurig aussehen, morgens verschlafen, mittags hungrig und abends müde. Seit hundert Jahren sehe ich die Menschen freudlos hasten und arbeiten – sehe Autos vor großen Portalen, und an den Ecken Bettler. –
Ach, seit hundert Jahren liege ich in meinem Bett, bringt man mir das Frühstück, sitze ich in der Badewanne – liege auf dem Sofa – höre, wie man mit dem Dienstmädchen zankt – das Dienstmädchen wechselt – gezankt wird immer.
Seit hundert Jahren suche ich einen Posten – warte auf ein Wunder und gehe mißmutig durch die staubigen Straßen. –
Wann werden auf den Plätzen Blumen wachsen, wann wird aller Nebel entfliehen und ein blauer Himmel sein? Ach, wann wird es. wenn es läutet, nicht der Mann mit der Gasrechnung sein – sondern der amerikanische Multimillionär, der mir sein Herz anbietet …
Wann, ach wann werden die Menschen in der Straßenbahn freundliche Gesichter machen?