Chronik der Literatur in der Weimarer Republik – 1922

3. Januar

Wilhelm Voigt, er geht als „Hauptmann von Köpenick“ in die Geschichte ein, stirbt in Luxemburg. Zwei Wochen später berichtet die „Vossische Zeitung“ von seiner Beerdigung: „Voigt hatte sich nach seiner Begnadigung nach Luxemburg begeben, wo er wiederholt öffentliche Vorträge hielt , in denen er den Vorgang der Köpenickiade erzählte. … Als er zur letzten Ruhe geleitet wurde, übten auf dem Platz vor dem Stadtfriedhof in Luxemburg gerade die französischen Soldaten, die vom Waffenstillstande her noch in Luxemburg liegen. Als der Leichenzug vorüberkam, stellten sich die Franzosen, wie sie es bei solchen Gelegenheiten stets tun, in Reih und Glied und präsentierten das Gewehr vor dem toten Hauptmann von Köpenick.“ Carl Zuckmayer schließlich macht Wilhelm Voigt 1931 als literarische Figur unsterblich.

2. Februar

An seinem 40. Geburtstag beendet James Joyce die Arbeit an seinem Roman „Ulysses“. Fünf Jahre später erscheint das Buch in Deutschland. „Liebigs Fleischextrakt. Man kann es nicht essen. Aber es werden noch viele Suppen damit zubereitet werden“, schreibt Kurt Tucholsky in der „Weltbühne“.

15. Februar

In den Berliner Kammerspielen findet die Uraufführung der Tragikomödie „Kanzlist Krehler“ von Georg Kaiser statt.

16. Februar

Die Vossische Zeitung beginnt mit dem Vorabdruck der Novelle „Der letzte Tag“ von Vicki Baum.

17. Februar

Gerhart Hauptmanns Drama „Indipohdi“ (Das Opfer) wird im Schauspielhaus Dresden uraufgeführt. Der Autor hat selbst die Regie seines Stückes übernommen.

22. April

Im Rahmen des vom Frankfurter Schauspielhaus veranstalteten “Zyklus moderner Dramen” wird Arnolt Bronnens “Vatermord” uraufgeführt. Zwei Tage zuvor kam „Tamar“ von Friedrich Wolf erstmals auf die Bühne.

13. Mai

Die beim S. Fischer Verlag erscheinende Zeitschrift „Neue Rundschau“ veröffentlicht eine Umfrage unter bekannten Schriftstellern anlässlich des 60. Geburtstags von Arthur Schnitzler.

14. Mai

In Leipzig findet die Hauptversammlung des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler statt. u. a. wird über Unterstützungsmaßnahmen für notleidende Schriftsteller beraten.

21. Juni

Wilhelm Goldmann gründet in Leipzig den Goldmann Verlag. Vor allen Dingen Kriminalromane (bspw. von Edgar Wallace) werden zum Fundament für den verlegerischen Erfolg.

30. Juni

Ernst Tollers Drama „Die Maschinenstürmer“ wird in Berlin uraufgeführt. Toller kann an der Aufführung nicht teilnehmen, der Dramatiker sitzt wegen Beteiligung an der Münchener Räteregierung noch in Festungshaft.

20. Juli

Anlässlich seines 75. Geburtstags erscheinen bei Bruno Cassirer die „Gesammelten Schriften“ des Malers Max Liebermann.

12. August

„Das Salzburger Große Welttheater“ von Hugo von Hofmannsthal wird anlässlich der Salzburger Festspiele uraufgeführt.

25. august

Im Kurt-Wolff-Verlag erscheint das 20.000 Exemplar der expressionistischen Lyrikanthologie „Menschheitsdämmerung“, herausgegeben von Kurt Pinthus.

23. September

„Trommeln in der Nacht“ ist das erste Stück von Bertolt Brecht, das inszeniert wird. Die Uraufführung findet an den Münchener Kammerspielen statt.

Werbung für die erste Inszenierung eines Brecht-Schauspiels.
9. Oktober

Am Darmstädter Theater wird das Schauspiel „Der Nebbich“ von Carl Sternheim uraufgeführt.

10. Oktober

Gegen Carl Einstein und seinen Verleger Ernst Rowohlt beginnt vor dem Berliner Landgericht Moabit ein Prozess wegen Gotteslästerung. Der Vorwurf bezieht sich auf die im Jahr zuvor veröffentlichte Szenenfolge „Die schlimme Botschaft“.

13. Oktober

Anlässlich einer Feier zum 60. Geburtstag von Gerhart Hauptmann hält Thomas Mann in Berlin einen Vortrag unter dem Titel „Von deutscher Republik“, mit dem er ein Bekenntnis zur Weimarer Verfassung ablegt.

Das Deutsche Theater in Berlin teilt mit, dass Bertolt Brecht seine gesamte Produktion dem Theater zur Aufführung überlassen hat. Zunächst sollen seine Dramen „Trommeln in der Nacht“, „Baal“ und „Im Dickicht der Städte“ gespielt werden.

3. November

Bertolt Brecht heiratet in München die Augsburger Sängerin Marianne Zoff.

13. November

Im Berliner UFA-Palast findet die Uraufführung des Films „Phantom“ statt. Das Vorlage dient das gleichnamige Werk von Gerhart Hauptmann.

15. November

Anlässlich des 60. Geburtstags von Gerhart Hauptmann überreicht Reichspräsident Friedrich Ebert dem Dramatiker eine Ehrenmedaille.

18. November

Im Alter von 51 Jahren stirbt in Paris Marcel Proust. Er wurde vor allem durch sein umfangreiches Werk „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ international bekannt. Band 1 des auf 7 Bände angelegten Werkes erscheint 1926 in Deutschland im Verlag „Die Schmiede“.

21. November

Bertolt Brecht erhält den Kleistpreis für sein bisheriges dramatisches Werk („Trommeln in der Nacht“, „Baal“, „Im Dickicht der Städte“) verliehen.

9. Dezember

„Der Firmling“, ein Bühnenstück von Karl Valentin, wird mit dem Autor und Liesl Karstadt in den Hauptrollen im Münchner Germaniabrettl uraufgeführt.

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