Roman, Paul Neff Verlag, 1936
Wer ist der Autor der „Feuerzangenbowle“? Welchen Ruf erarbeitete sich Spoerl mit seinen Romanen?
Wohl jeder hat sie bereits gesehen, „Die Feuerzangenbowle“-Verfilmung mit Heinz Rühmann als junger Schriftsteller Dr. Johannes Pfeiffer („Pfeiffer mit 3 f“) in der Hauptrolle. Generationen hat dieser Film viel Freude bereitet. Mir ebenso, und noch immer kann ich mir den Film mit großem Vergnügen ansehen, und nehme auch gern das Buch, 1933 erschienen, immer wieder gern zur Hand. Und nun muss ich während meiner Recherchen lesen, Heinrich Spoerl sei gar nicht der Autor des Romans. Seine Tätigkeit habe sich auf das Lektorat beschränkt, Autor des Buches sei Hans Reimann. Das behauptet dieser in seiner 1959 erschienenen Autobiografie „Mein blaues Wunder“. Das kann von der Literaturwissenschaft weder bestätigt, noch dementiert werden.
Wenden wir uns also einem anderen humoristischen Roman Spoerls zu, der ebenso wie Die Feuerzangenbowle seinen Ruf als Volksschriftsteller begründete: Der Maulkorb.
Eine rheinische Kleinstadt ist in heller Aufregung: Dem Denkmal des Landesherren, auf dem Marktplatz gegenüber der Weinstube Tigges gelegen, wurde ein Hundemaulkorb umgebunden. Einziger Hinweis auf den Täter ist ein am Denkmal gefundener Knopf. Staatsanwalt von Treskow, ein superkorrekter Beamter, wird mit den Ermittlungen beauftragt und betreibt sie voller Eifer trotz eines Katers, den er sich am Vorabend bei einer Zecherei in Tigges Weinstuben eingehandelt hat. Dass er selbst der Übeltäter und für die Schändung verantwortlich sein könne, kommt ihm nicht in den Sinn. Selbst als ein Polizeihund, der die Spur des Täters verfolgt, vor seinem Haus Halt macht, von Treskow entdeckt, dass der Maulkorb seines eigenen Hundes verschwunden ist und an seinem Mantel ein Knopf fehlt, geht dem Beamten noch kein Licht auf.
Während für von Treskows Familie (Ehefrau Elisabeth, Tochter Trude) schon längst kein Zweifel mehr am Tatbestand besteht, treibt der Staatsanwalt seine Ermittlungen voran, und stößt auf Rabanus, einen jungen Mann, der die Denkmalschändung beobachtet haben will. Der aber schweigt, weil er von Treskows Tochter liebt (wie sie ihn) und seinem zukünftigen Schwiegervater nicht schaden möchte. So gerät Rabanus in Verdacht, den Täter schützen zu wollen oder selbst der Täter zu sein.
Des Staatsanwalts Ermittlungen nehmen eine überraschende Wende, als sich eine Zeugin meldet und aussagt, dass sie den Täter zwar nicht erkannt habe, dieser aber mit Bestimmtheit als letzter Gast die Weinstube Tigges verlassen habe. Als von Treskow Frau Tigges nach jenem letzten Gast befragt, beginnt ihm zu dämmern, dass er selbst der Täter ist; von Treskow beschließt, seinen Vorgesetzten, den Oberstaatsanwalt einzuweihen, und gegen sich ein Disziplinarverfahren zu beantragen. In dessen Büro nimmt von Treskow, stets von seinem Vorgesetzten unterbrochen, mehrmals vergeblich den Anlauf, seine Tat zu gestehen, als zwei Personen den Raum betreten.
Mit dem Auftauchen des arbeitslosen und kinderreichen Bätes und seines Kumpanen Wimm gewinnt die Handlung weiter an Fahrt. Die beiden haben es, von Rabanus angestiftet, auf die Ergreifung des Täters ausgesetzte Belohnung von 3.000 Mark abgesehen. Wimm soll Bätes der Tat bezichtigen und die Belohnung einstecken, die sich beide nach der Haftentlassung seines Freundes teilen würden. Nur allzu gern glaubt von Treskow den Ausführungen der beiden Originale. Er hat seinen Täter. Es kommt zur Gerichtsverhandlung.
Und die wird weiß Gott turbulent: Wimm, der Angst vor einem Meineid hat, will plötzlich nicht mehr aussagen. Und Rabanus beschränkt sich bei seiner Zeugenaussage darauf, der Täter befinde sich im Saal. Er verweigert weitere Aussagen, und läuft Gefahr, zwangsweise in Haft gesetzt zu werden. So berichtet er, dass der Täter augenscheinlich stark angetrunken gewesen sei, und liefert damit das Stichwort für ein Happy-End: Bätes erzählt, dass er in seinem Suff („… mit de vierzehn Jlas Bier im Balg und dä viele Schabau un jenau nix jejesse.“) in der Bronzegestalt gar nicht den Landesherren erkannt habe. Statt wegen Majestätsbeleidigung ins Zuchthaus zu kommen, wird er wegen groben Unfugs zu einer Geldbuße von 3 Mark zur Gerichtskasse gebeten.
Während Bätes und Wimm ihre Belohnung kassieren, gelingt es Rabanus – mit Hilfe des Oberstaatsanwalts –, die Hand Trudes zu erhalten, zumal sich seine großbürgerliche Herkunft erweist.
Und das Denkmal? Nun, das „steht noch heute auf dem Marktplatz. Staatsanwälte tun ihm nichts mehr. Nur friedliche Tauben fliegen um sein Haupt und setzen sich zutraulich auf Schulter und Helm.“