Alexander Moritz Frey – Ein Mädchen mordet

Erzählung, abgedruckt in „Die Sammlung“, Heft 1 und Heft 2 1934, Querido Verlag (Amsterdam)

Welcher Freund und Schriftstellerkollege verhalf A. M. Frey zur Flucht aus Deutschland? Mit wem diente er im 1. Weltkrieg im selben Regiment? Um was geht es in seiner Erzählung?

Mittwoch, 15. März 1933: Alexander Moritz Frey ist auf Besuch bei seinem Kollegen und Freund Alfred Neumann in dessen Haus in der Nähe von Rosenheim. Dort erfährt er, dass die SA in seine Wohnung eingedrungen ist und das Möbiliar verwüstet hat. Frey sollte ergriffen und aus nicht näher bekannten Gründen festgenommen werden. Noch in der Nacht schmuggelt ihn Neumann im Kofferraum seines Autos über die nahe gelegene Grenze nach Österreich. Frey wird in seinem Leben deutschen Boden nicht mehr betreten.

Vielleicht wäre es nicht so weit gekommen, hätte er nicht im 1. Weltkrieg seinen Dienst als Sanitätsunteroffizier an der Westfront abgeleistet. Freys Vorgesetzter: der Feldwebel Max Amann. Ebenfalls im selben Regiment: der Meldegänger Adolf Hitler.

Amann sollte nach dem Krieg als einer der engsten Vertrauten Hitlers in Erscheinung treten: 1923 nimmt er am Hitlerputsch teil (und muss viereinhalb Monate Festungshaft in Landsberg verbüßen), später gibt er „Mein Kampf“ heraus. Er leitet die Geschäfte des Parteiorgans „Der Völkische Beobachter“. In dieser Funktion bietet er Frey an, Feuilletonchef des Hetzblattes zu werden. Frey lehnt ab.

1929 erscheint Freys Antikriegsroman „Die Pflasterkästen“, in dem der Autor seine eigenen Erlebnisse während des Krieges verarbeitet. Das Buch wird wegen seiner kraftvollen Sprache und der schonungslosen Darstellung des Krieges ein großer Erfolg in Deutschland und bringt die Nazis endgültig gegen Frey auf. Und schließlich veröffentlicht der Schriftsteller im Juli 1932 den Artikel „Der Führer“ in der „Weltbühne“: „Es fing damit an, daß er in der Volksschule erkannte, wie leicht andre zu kommandieren seien …“ – Alexander Moritz Frey hatte sich die Nazis zu Feinden gemacht, „Die Pflasterkästen“ fallen im Mai 1933 den Bücherverbrennungen zum Opfer.

Nach seiner geglückten Flucht lebt A. M. Frey knapp fünf Jahre lang in Innsbruck. 1938 muss er weiter in die Schweiz flüchten. Dort wird er von den Behörden schianiert. Seine Duldung erhält er jeweils nur für Wochen, seine Arbeitserlaubnis ist beschränkt. Freys Einbürgerungsversuche werden von den Schweizer Behörden abgelehnt. Erst Ende 1956, bereits auf dem Totenbett liegend, wird ihm die schweizerische Staatsangehörigkeit zuerkannt. A. M. Frey stirbt verarmt am 24. Januar 1957 in Basel an den Folgen eines Gehirmschlags.

„Ein Mädchen mordet“ wird im September und Oktober 1934 in zwei Ausgaben der von Klaus Mann herausgegebenen Exilzeitschrift „Die Sammlung“ veröffentlicht – die Geschichte der jungen Angestellten Thekla Trautner, die tötet, weil sie ein Verhältnis mit einem verheirateten Arzt hat und von einer Reinmachefrau erpresst wird. Doch die Putzfrau ist gar nicht tot, wie Thekla aus der Zeitung erfährt. Schwerverletzt liegt sie im Krankenhaus.

Thekla vertraut sich ihrem Geliebten an. Dieser sieht seine Ehe und berufliche Reputation in Gefahr und nötigt sie, der Putzfrau im Krankenhaus eine Überdosis Morphium zu spritzen. Er stattet Thekla mit Spritze, Morphium und Schwesterntracht aus.

Der Plan geht auf und unbemerkt kann Thekla die Tat ausführen und das Krankenhaus wieder verlassen. Doch dann meldet sich ihr schlechtes Gewissen.

Dicht und intensiv erzählt. Man liest atemlos und schnell weiten sich die Augen voller Schrecken – Frey zeichnet das Bild einer Gesellschaft, in der die Menschen nicht mehr wie Menschen handeln und niedere Instinkte dominieren.

Die Erzählung ist lieferbar: Der Elsinor Verlag veröffentlichte sie 2016 titelgebend zusammen mit zwei weiteren Erzählungen, die in der Exilzeitschrift „Die Sammlung“ erschienen sind. Zudem ist sie in der 3-bändigen Anthologie zur Exilliteratur enthalten, die vom wbg Verlag herausgegeben wird.

Das Bild zeigt die 3 Bände "Exil" - im Exil geschriebene Texte von deutschsprachigen Autorinnen und Autoren.

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